Behindertenhilfe: „Das reinste Regierungschaos“
Behindertenhilfe: „Das reinste Regierungschaos“
Grüne sehen offene Finanzierungsfragen – Kahlschlag im Sozialbereich nicht vom Tisch
Ob die Finanzierungszusage der Landesregierung hält und tatsächlich den Bedarf im Behindertenbereich abdeckt, lasse sich heute für die Tiroler Grünen nach den Chaostagen in der Regierung nicht seriös abschätzen. „Tirol hält zusammen – auch gegen den Kürzungswahn. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass die Landesregierung in den letzten zwei Wochen derart chaotisch agiert, dass alle verunsichert sind. So geht man nicht mit sozialen Einrichtungen und Vereinen um. Der Schaden bleibt, das Vertrauen ist weg. Wochenlang wurden Mitarbeiter:innen, Betroffene und Angehörige in Ungewissheit gestürzt. Wir bleiben dran, die verdienten Lohnerhöhungen im Sozialbereich dürfen nicht zur neuen Finanzierungslücke werden. Es ist also zu früh, um sich wirklich zu freuen“, fasst die grüne Landtagsabgeordnete Zeliha Arslan heute die Ereignisse der letzten Tage zusammen.
Für den grünen Klubobmann Gebi Mair gibt die Landesregierung im Moment ein „desaströses Bild“ ab. „Da weiß die linke Hand nicht, was die rechte macht. Jeden Tag steht eine andere Position in der Zeitung, und die Landesregierung versteckt sich im Landhaus, statt sich kritischen Fragen offen und ausführlich zu stellen. Zeitgleich wird so getan, als sei kein Geld da, dabei versickern Millionen in Beraterverträgen und hunderte Millionen werden für unsinnige Straßenbauprojekte betoniert. Als Grüne kämpfen wir weiter für eine Umverteilung im Budget. Das Geld muss bei den Menschen ankommen und nicht in Prestigeprojekte gestopft werden“, sagt Mair.
Die Grünen rufen in Erinnerung, was alles vorgefallen ist: „Zuerst wurden über Monate keine konkreten Zahlen von SPÖ-Landesrätin Eva Pawlata genannt. Dann wurden plötzlich 15 Millionen Euro als fixe Kürzungssumme bestätigt, die mit 33 Prozent Abstrichen bei der so wichtigen täglichen Unterstützung für Menschen mit Behinderung verknüpft wurden. Landesrat Gerber setzte dann noch eins drauf und unterstellte der Lebenshilfe als größtem Träger, dass es mehr als genügend Rücklagen gebe. Und am Tag darauf kam die 180-Grad-Kehrtwende – ohne aber transparent zu kommunizieren, wie das Geld aufgestellt wird. Kommt das Geld von der TIWAG? Werden damit neue Schulden gemacht? Oder wird das Geld zum Beispiel bei der Wohnbauförderung entnommen?“, will Arslan wissen.
Dass sich ausgerechnet die SPÖ, die die Kürzungen zu verantworten hatte, nun hinstelle und „Versprechen gehalten“ kommuniziere, sei an „Unehrlichkeit kaum zu überbieten“, findet Zeliha Arslan. „Es war der Druck von allen Seiten, der schlussendlich Landeshauptmann Mattle zum Einlenken brachte. Wer sich hier auf die SPÖ verließ, der war verlassen. Das zeigte die Landtagssitzung ganz deutlich: Da war kein Aufbäumen zu spüren und kein Drängen auf Nachverhandlungen, sondern vielmehr das Abnicken der Vorgaben, die die ÖVP gemacht hat. Dass es jetzt doch anders kommt, ist dem Druck der Vereine, der Zivilgesellschaft und der Opposition zu verdanken“, so Arslan.
Zum Durchatmen sei es aber zu früh, denn die 15 Prozent Kürzungen im Sozialbereich bei den Ermessensausgabe seien nach wie vor nicht vom Tisch. „Der Kahlschlag in der Behindertenhilfe war ja nur ein Teil. Dem gesamte Sozialbereich drohen immer noch eine Kürzungswelle – von den Frauenhäusern über Kinder- und Jugendhilfseinrichtungen bis zur Schulnerberatung. Wir werden Druck also hoch halten. Die Regierung von der Budgetsanierung auf Kosten des sozialen Netzes in Tirol ganz absehen“, gibt Arslan die Marschrichtung vor.